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05.011.2011 - 23.12.2011

Sascha Hahn Alexander Lieck Jörg Schlürscheid Michael Franz
Standards of living

Volker Bradtke Toril Johannessen
Nonlocality

Erika Hock Kasper Akhøj
Accum Nonsent

Kooperationen von Künstlern gehören seit langem zum gängigen Repertoire künstlerischer Produktions- und Präsentationsformate. Über die gemeinsame Produktion von Arbeiten und Ausstellungen hinaus haben sich künstlergenerierte Projekträume zu einem eigenen Format entwickelt, das heute parallel zum System der Institutionen und Märkte ein unabhängiges Netzwerk von Projektplattformen bildet. Dieses Netzwerk ist nicht nur als Rückaneignung einer weiterhin geteilten Definitionsmacht durch Künstler selbst zu sehen, sondern etabliert einen neuen Debattenraum, der durch seine spezifisch unterschiedenen Strukturen und Klimata die Aufweitung des gesamten kulturellen Feldes und dessen Diskurse erlaubt. So stellen künstlerische Formen der Kooperation einen Diskurs dar, der in der Lage ist, neben den bekannten Politiken kultureller Wertproduktion parallele Prozesse zu aktivieren, die das Handlungsfeld von Kunst zu einem polypolitischen Feld erweitern.

„Hosted by“ zeigt unter diesem Ansatz nun eben nicht solche Projekte künstlerischer Kooperation, die sich in einem dialektischen Diskurs mit parallelen Wertesystemen befinden, sondern eben solche Formen, die sich aus einer subtilen Unaufmerksamkeit gegenüber solchen Debatten eher ergeben als konstituieren, sich mehr in Verwerfungen ergehen als sich zu entwerfen, und in einer gewissen Abgeschiedenheit ruhig und verborgen, jedoch mitten im Zentrum recht unbewusst Möglichkeiten zeigen, die verschiedenen Grundsätze paralleler Wertesysteme zu umgehen.

So zeigt die Kooperation von Erika Hock, deren Arbeit mit Kasper Akhøj unter dem programmatischen Titel „Dissolved Territories“ firmiert, wie die Arbeitsansätze beider Künstler durch die Grenzen der eigenen Produktion. hindurch zugunsten einer inhaltlichen Neubewertung von bereits Gezeigtem diffundieren. Zahlreiche Elemente existenter Arbeiten werden rekombiniert und einer neuen Syntax unterstellt. Die Einwilligung, den Zugriff des Anderen auf das Eigene zuzulassen, schließt die monolithische Eindimensionalität der künstlerischen Äußerung aus und überführt sie in eine komplexe, in neuen Nachbarschaften diskutierte Multiperspektivität. Daß diese Melange die Existenz und Gültigkeit des Vorgängigen bestehen läßt, ist entlang dieser Haltung obligatorisch.

Wo Hock und Akhøj die Verschränkung praktizieren, bleibt der künstlergenerierte Projektraum Volker Bradtke offensichtlich beim scheinbar klassischen Format der Einladung. Daß der Projektraum seine Aktivitäten unter einem augenscheinlich personifizierenden Namen entfalten, hilft umso besser, die Beteiligten zu verbergen. Denn statt einer Referenz dient der Name als Verweis, der tief in das verwinkelte Bezugs- und Betriebssystem Kunst vordringt. Unter Wahrung der Verschwiegenheit sei hier nur auf die profunde wie exotische Verstrickung der genannten Person in die tiefsten Tiefen künstlerischer Mythen- Bild- und Wertproduktion verwiesen, deren unbekannte Weiten dem Projektraum zum Arbeitsfeld geworden zu sein scheinen.
Daß ihre Einladung an eine Künstlerin geht, die in einer subtil verdoppelten Ausstellung (in Düsseldorf bei Volker Bradtke/MAP und in Oslo bei Lautom Contemporary zeitgleich gezeigt) nicht die Auflösung des Unikats zum Ziel hat, sondern in komplex konzeptueller Weise die Grundlagen der Verknüpfung von Ort und Zeit vor dem Hintergrund medialer Omnipräsenz hinterfragt, scheint vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Toril Johannessen thematisiert unter anderem die historische Globalisierung einst lokaler Zeit vor dem Hintergrund der Erfindung der Eisenbahn als komplexer Verknüpfung zeiträumlich unterschiedener Orte, um sie in einem einfachen Objekt in die Aktualität des Informationszeitalters zu projizieren: eine Bahnhofsuhr zeigt parallel an zwei unterschiedlichen Orten und Zeiten (Düsseldorf und Oslo) immer exakt das gleiche an Die Divergenz zur realen Zeit vor Ort verweist dabei darauf, daß diese Uhr nicht mehr der globalen Systematik der Normzeit untergeordnet ist, sondern solchen Faktoren, die sich aus einem analogen Paradigmenwechsel ähnlich der Erfindung der Eisenbahn durch die aktuellen zeiträumlichen Verknüpfungen des www ergeben. Während der aktuelle Mensch am Rechner die nahezu gleichzeitige Präsenz an mehreren Orten erfährt, transformiert die Uhr diese Bewegungen in Zeitmaßeinheiten: sie bewegt sich jeweils schneller und langsamer analog zur Dichte des aktuellen Datenverkehrs.

Im dritten Haus geht Sascha Hahn mit den eingeladenen Kollegen einen anderen Weg. In Form eines offenen Portfolios konzipiert sich der Raum zum integeren Ausstellungskonzept, in dem vorerst die Arbeiten im Vordergrund stehen: mit Jörg Schlürscheid, Alexander Lieck und Michael Franz ergibt sich eine komplexe wie vielschichtige Welt von Nachbarschaften, die vordergründig auf entspannter Ebene ihre Inhalte diskutieren. Daß der Produktionsprozess unter den Künstlern eine durchaus profunde Diskussion ausgelöst haben könnte, bleibt vorerst im Dunkeln. Doch wirft der Raum die Frage auf, ob andere Bedingungen (hier die der Kuratierung eines Raumes unter künstlerischer Leitung) und Klimata zu anderen Ergebnissen führen. Passend zum sprachlich komplexen Vokabular des Raumes bleibt diese Frage diskursiv unbeantwortet und überlässt die Antwort der künstlerischen Syntax des Raumes selbst.

Markus Ambach